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Vor langer, langer Zeit lebte ein König, dessen jüngste Tochter wunderschön
war. Beim Schlosse des Königs lag ein dunkler Wald, und in dem Wald unter einer
alten Linde war ein Brunnen. Dort spielte die jüngste Königstochter oft mit einer
goldenen Kugel.
Eines Tages fiel die Kugel der Königstochter in den Brunnen hinein, der so tief
war, dass man keinen Grund sah. Als die Königstochter weinte und klagte, hörte sie
plötzlich eine Stimme. „Weine nicht, ich will dir helfen!“ Sie sah aber keinen
Menschen, sondern nur einen dicken, hässlichen Frosch. Der wollte ihre Kugel wieder
aus dem Brunnen holen, aber das Mädchen musste ihm versprechen, ihn als ihren
Freund und Spielkameraden zu betrachten. Er wollte mit ihr am Tisch sitzen, von ihrem
Teller essen und in ihrem Bett schlafen. Sie versprach alles, um ihre goldenen Kugel
wieder zu bekommen; aber als sie ihr Spielzeug wieder hatte, lief sie fort und dachte
nicht mehr an ihr Versprechen.
Am anderen Tag, als der König mit seiner Familie beim Essen saß, kam der
Frosch, plitsch, platsch, die Treppe herauf, klopfte an die Tür und rief: „Königstochter,
jüngste, mach mir auf!“ Das Mädchen wollte nicht öffnen. Als sie aber ihrem Vater
erzählte, was sie dem Frosch versprochen hatte, sagte der König: „Dein Versprechen
musst du halten, geh nur und mach ihm auf!“ Sie öffnete, und der Frosch hüpfte herein
und aß zusammen mit der Königstochter von ihrem goldenen Teller. Dann war er müde
und bat sie: „Nun bringe mich in dein weiches Bettchen, damit ich dort schlafen kann.“
Sie weinte und fürchtete sich vor dem kalten Frosch, aber ihr Vater wurde zornig und
sagte: „Der Frosch hat dir in der Not geholfen, darum darfst du ihn jetzt nicht
verachten.“ Sie fasste ihn mit zwei Fingern und setzte ihn im Schlafzimmer in eine
Ecke. Aber er war nicht zufrieden, sondern wollte im Bett liegen. Da packte sie ihn voll
Zorn und warf ihn an die Wand. Aber plötzlich war da kein Frosch mehr, sondern ein
Königssohn mit schönen, freundlichen Augen. Er erzählte ihr, dass eine böse Hexe ihn
in einen Frosch verzaubert hatte. Jetzt aber war er von der Königstochter erlöst worden,
und er führte sie als Königin in sein Land.
2
Worterklärungen:
..., dessen jüngste Tochter:
(Relativsatz im Genitiv) die jüngste Tochter des Königs
wunderschön:
sehr schön
beim Schlosse:
in der Nähe des Schlosses
die Linde, -n:
ein Laubbaum mit herzförmigen Blättern und duftenden Blüten
der Brunnen, -:
eine Wasserstelle
der Grund (des Brunnens):
hier: der Boden
etwas versprechen (versprach, hat versprochen):
sagen, dass man bestimmt etwas tun wird;
Substantiv: das Versprechen
betrachten ... als:
ansehen, behandeln wie
der Spielkamerad, -en:
der Freund beim Spielen
plitsch, platsch:
(onomatopoetisch): das Geräusch, das entsteht, wenn etwas ins Wasser
fällt
Königstochter, jüngste,...:
(poetisch) jüngste Königstochter
mach mir auf!
öffne mir die Tür!
ein Versprechen halten (hielt, hat gehalten):
das tun, was man versprochen hat
hüpfen:
hopsen, sich in Sprüngen vorwärts bewegen
verachten:
als etwas Schlechtes oder Wertloses ansehen
fassen:
ergreifen, packen
die Hexe, -n:
eine böse Zauberin
verzaubern:
mit übernatürlichen Kräften zwingen;
oft auch: in eine andere Gestalt zwingen
erlösen:
vom Zauber befreien
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