Telefon, SMS, Kamera, Internet und vieles mehr in einem Gerät - vor zehn Jahren schien das noch fast undenkbar. Dann stellte Apple aber ein Gerät vor, das all das vereinte: das iPhone. Es war die Geburt des Smartphones.
Von Wolfgang Stuflesser, ARD-Studio Los Angeles
9:41 Uhr morgens - das ist die Zeit, die bis heute jedes iPhone in Apples Werbematerial anzeigt. 9 Uhr 41 - das war genau der Zeitpunkt, zu dem Apple-Gründer Steve Jobs das erste iPhone der staunenden Öffentlichkeit zeigte. Selbst für den als Showman bekannten Jobs war dieser Tag eine Sternstunde.
Er habe sich zweieinhalb Jahre darauf gefreut, sagte er, um dann bewusst großspurig anzukündigen, Apple werde das Telefon neu erfinden - während die Leinwand hinter ihm das Foto eines ziemlich verunglückten Objekts zeigte: Einen weißen iPod, auf den man eine altmodische Telefonwählscheibe montiert hatte.
Smarter als alles zuvor
Doch natürlich sah das eigentliche iPhone deutlich anders aus - anders vor allem als die Smartphones, die es damals schon gab, von Palm oder von Nokia. Die seien alle nicht so smart, sagte Jobs, und nicht so einfach zu bedienen.
Apple machte einen der für die Firma typischen gewagten Schritte: Das iPhone hatte im Gegensatz zu diesen Smartphones keine kleine Plastiktastatur eingebaut, sondern bestand nur aus einem großen Bildschirm. Der reagierte auf einfaches Berühren, während man bei anderen Touchscreens damals noch richtig drücken musste, und er ließ sich mit mehreren Fingern gleichzeitig bedienen. Das war ein solcher Entwicklungssprung, dass Jobs unterstrich, seine Firma habe das Ding "aber so was von patentiert".
Im Nachhinein eine fast prophetische Aussage, denn die Streitigkeiten, wer beim Smartphone von wem abgekupfert hat, ziehen sich vor den Gerichten bis heute hin.
Es war erst der Anfang
Natürlich konnte das erste iPhone vieles noch nicht, was heute in einem Smartphone selbstverständlich ist. Keine Apps, außer denen von Apple, kein High-Speed-Internet, und der Bildschirm war deutlich kleiner als heute. Aber dieses Gefühl der Rundum-Maschine, das ein Smartphone für den Besitzer bis heute so faszinierend macht, war schon in der ersten Präsentation zu spüren: Als Jobs mit der Kartenanwendung den nächsten Kaffeeladen suchte und einfach auf die Telefonnummer tippen konnte, um spaßeshalber 4000 Latte Macchiato für das Publikum der Präsentation zu bestellen.
Erst Jahre später wurde bekannt, dass der Prototyp des iPhone noch bei den Proben immer wieder abstürzte. Es gab nur einen "Goldenen Weg", eine bestimmte Reihenfolge, in der Jobs die Funktionen aufrufen musste, sonst hätte die Show schnell zur Blamage werden können. Der iPhone-Entwickler Andy Grignon erinnerte sich später im Gespräch mit der "New York Times", dass er und seine Kollegen alle im Publikum saßen. Und immer, wenn Jobs eine Funktion gezeigt hatte, trank der verantwortliche Techniker heimlich einen Schnaps. Bei einer Veranstaltung der Draper University erzählte Grignon voriges Jahr, dass Jobs ihn bei den Meetings zum iPhone regelmäßig angeschrien, beschimpft und ihm vorgeworfen hatte, Apple zugrunde zu richten.
Das iPhone - Apples Gewinnmaschine
Nach der Präsentation war das alles vergessen: Das iPhone wurde ein Bestseller - und eine Gewinnmaschine für Apple. Zwar ist - je nach Schätzung - nur jedes sechste Smartphone ein iPhone, Apple streicht aber gut 90 Prozent aller Gewinne in diesem Markt ein, weil es seine Telefone relativ hochpreisig verkaufen kann. Apple pflegt das Image des iPhones auch als Statussymbol - nicht zuletzt mit Hochglanz-Produktvideos, in denen Apples Chefdesigner Jony Ive mit samtiger Stimme und in britischem Englisch die Vorzüge des jeweils neuestes Modells unterstreicht.
Apple macht heute fast zwei Drittel seines Umsatzes mit dem iPhone - und nur noch rund zwölf Prozent mit den Macintosh-Rechnern, durch die die Firma einst berühmt wurde.
Es gab in zehn Jahren iPhone aber auch Fehlgriffe, etwa "Antennagate" beim iPhone 4. Weil Apple unbedingt eine Vorder- und Rückseite ganz aus Glas wollte, waren die metallenen Seiten dieses iPhones gleichzeitig die Antennen für Telefon und Internet - und hielt der Nutzer das Telefon an einer bestimmten Stelle, ließ der Empfang deutlich nach. Da musste Jobs wieder auf die Bühne - eigens aus dem Urlaub von Hawaii eingeflogen, gab er zerknirscht zu, dass auch Apple nicht perfekt sei. Gummiumrandungen, die Apple kostenlos verteilte, lösten das Problem zumindest solange, bis die nächste Generation auf den Markt kam.
600 Geräte pro Minute verkauft
Es gibt bis heute wohl kein anderes technisches Produkt, das mit dem Erfolg des iPhones mithalten kann: Zeitweise verkaufte Apple 25 Millionen Geräte im Monat - das sind fast 600 pro pro Minute. Tim Cook, Nachfolger des 2011 gestorbenen Jobs, qualifizierte sich für den Chefposten bei Apple unter anderem damit, dass er die nötige Fertigungs- und Liefer-Logistik organisiert hat - vor allem in China, wo das iPhone von Tausenden Fabrikarbeitern zusammengebaut wird - zu deutlich niedrigeren Löhnen als etwa in den USA. Der künftige US-Präsident Donald Trump forderte deshalb schon, Apple solle seine Telefone in den USA produzieren - von Apple heißt es bislang dazu: kein Kommentar.