Die drei Bräute Teil 1
Es war einmal ein Müller, der hatte drei schöne Töchter von aufgeweckter Gemütsart; die jüngste aber war die verständigste unter ihnen. Einst waren sie in der Stadt gewesen und kehrten nun zu ihrer Mühle zurück.
Unterwegs plauderten sie dies und das, und die eine sprach: »Wenn wir nur nicht so streng gehalten würden, so hätten wir auch Liebhaber, und der meinige hätte mir gewiß auch ein so schönes seidnes Halstuch gekauft, wie die Margarethe von ihrem Liebsten geschenkt bekam.«
»Ja«, sagte die andere darauf, »und der meinige hätte mich gewiß zu Tanze geführt, wie es die Mädchen alle von ihren Burschen wurden.« Die dritte sprach nichts; das Leid ihrer Schwestern schien ihr wenig zu Herzen zu gehen.
Ehe sie sich’s aber versahen, war ein hübscher Mann bei ihnen, der sprach sie freundlich an und kramte allerlei kleine Geschenke aus, die er unter sie verteilte; die Mädchen nahmen sie errötend an und nachdem er ihnen noch versprochen, sie bei ihrem Vater wiederzusehen, ging er seines Wegs.
Die Mädchen tauschten nun ihre Bemerkungen und Mutmaßungen über ihn aus, darin aber waren alle einig, dall er ein hübscher liebenswerter Mann sei.
Der Müller schüttelte den Kopf, als sie ihm ihr Abenteuer erzahlten, aber noch mehr erstaunte er, als der Fremde eines Tags in der Mühle erschien, den Müller beiseite nahm und ihn um die Hand einer seiner Töchter bat. Die beiden Männer hielten eine lange Zwiesprache, deren Resultat war, daß der Müller dem Freier die Wahl unter seinen Töchtern freistellte.
Der Fremde wählte sich die Älteste; Kisten und Kasten wurden gepackt, und die junge Braut zog mit dem Bräutigam nach dessen weit entlegenem Schlosse. Hier war alles aufs beste eingerichtet, und der jungen Braut blieb kein Wunsch unerfüllt.
Da sprach er eines Tages zu ihr: »Du sollst Herrin meines Schlosses sein, wenn ich dich in allen Stücken gehorsam gefunden habe. Dieses weiße Tuch binde um deinen Leib, es ist ein Ei darin; und hier hast du die Schlüssel zu allen Gemächern meines Schlosses, du darfst in alle gehen, nur in das eine nicht, zu dem dieser große Schlüssel paßt.
Ich verreise; wenn ich zurückkomme und finde, daß du gehorsam gewesen bist, so will ich dich als mein treues Weib auf den Händen tragen, wo nicht, so wirst du einen schlimmen Mann an mir finden.«
Als er abgereist war, ging die junge Frau mit der Serviette, dem Ei und den Schlüsseln im Hause umher, schloß alle Türen auf und sah sich in den Zimmern um; endlich in einem abgelegenen Teil des Schlosses kam sie an eine Tür, zu welcher der große Schlüssel paßte.
Sie dachte an das Verbot ihres Mannes, aber die Neugier siegte, schon hatte sie den Schlüssel im Schloß umgedreht, die Tür knarrte, sie trat über die Schwelle, ließ aber das Ei vor Schreck aus der Serviette fallen und floh. Als der Mann zurückkam, sah er denn gleich, was geschehen war und gab der Ungehorsamen trotz ihres Flehens den Tod.
Darauf ging er zum Müller, klagte ihm, daß ihm seine Frau an einer kurzen, aber unheilbaren Krankheit gestorben und bat ihn um die Hand seiner zweiten Tochter. Der Müller versagte ihm diese nicht, und so zog der Fremde abermals mit einer jungen Frau auf sein Schloß.
Aber es begab sich mit dieser nicht anders als mit der ersten, und der Fremde erschien wieder beim Müller und sagte, die junge Frau sei mit einem seiner Bedienten davongelaufen, und bat ihn um die dritte Tochter. Der Müller war zwar sehr betrübt, daß er all seine Kinder verlieren sollte, willigte aber endlich doch ein.
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